Neuigkeiten

28.11.2022 #kulturlxnews #Literatur #Residenz

Jeff Schinker: Empfänger der Autorenresidenz Literarisches Colloquium Berlin 2023 – Bicherfrënn-Stipendium

© Philippe Matsas

Gemeinsam mit den Lëtzebuerger Bicherfrënn – Les Amis du Livre a.s.b.l. sowie dem Centre national de littérature vergibt Kultur | lx – Arts Council Luxembourg im Rahmen einer Ausschreibung eine zweimonatige, mit einem Stipendium verbundene Autorenresidenz im Literarischen Colloquium Berlin (LCB). Diese international renommierte Institution ist literarische Experimentierwerkstatt, Ideenforum und Talentschmiede zugleich und organisiert unter anderem Lesungen, Seminare und literarische Begegnungen.

Die Jury, bestehend aus Christiane Krier (Lëtzebuerger Bicherfrënn), Frank Hansen (Lëtzebuerger Bicherfrënn), Ludivine Jehin (Centre national de littérature), Sébastian Thiltges (Université du Luxembourg) und Nora Wagener (Autorin, luxemburgische Preisträgerin), prüfte die eingegangenen Kandidaturen und übermittelte ihre Empfehlungen an das LCB. Es war die Bewerbung von Jeff Schinker, die erfolgreich aus der Ausschreibung hervorging.

 

Erläuterung der Jury
Jeff Schinker ist ein äußerst aktiver und produktiver Autor, dessen literarisches Schaffen fest in der luxemburgischen Kultur- und Literaturszene verankert ist. Mit einer Vielzahl von Veröffentlichungen stellt er immer wieder seine Experimentierfreude und Offenheit für Neues unter Beweis. Bereits im Jahr 2016 konnte er im Rahmen eines durch die öffentliche Einrichtung L’Œuvre de la Grande-Duchesse Charlotte vergebenen Stipendiums an einer Autorenresidenz am Literarischen Colloquium Berlin teilnehmen, wo er wichtige neue Kontakte knüpfen sowie die Berliner Literaturszene und Buchbranche kennenlernen konnte.

Die Jury würdigte einstimmig die Qualität der Recherche und Argumentation von Jeff Schinkers literarischem Projekt, das sich mit einem in der luxemburgischen Literatur noch kaum behandelten Thema befasst: Emigrationsgeschichten. Für Jeff Schinker ist der Aufenthalt am Literarischen Colloquium Berlin nicht nur besonders relevant für seine Forschung, sondern bedeutet auch einen bedeutsamen Schritt in seiner Karriere sowie für seine Entwicklung als Autor.

Die Jury sieht in dieser Residenz einen fruchtbaren Beitrag zur Entwicklung und Bekanntmachung von Autoren*innen und Literatur in und aus Luxemburg.


Biografie des Autors
Nach einer anekdotenreichen Kindheit verbringt der 1985 geborene Jeff Schinker das undankbare Teenageralter damit, Tonnen von Büchern zu verschlingen – was nachhaltige Auswirkungen auf sein Verdauungssystem haben sollte. Mit seinem Umzug nach Paris beginnt ein schier endloses Universitätsstudium, das Schinker eines Tages mit einer Doktorarbeit in Komparatistik krönen möchte – sollte er sich noch einmal zu den Freuden des Studentendaseins zurücksehnen. Sein ausschweifendes Leben in der französischen Hauptstadt ist eindeutiger Vorbote einer Schriftstellerkarriere. Es fehlen nur die entsprechenden Texte. Die ersten in seinem Studio verfassten Schriften hätte nicht einmal ein Max Brod zum Anzünden seines Kamins verwendet. Doch der Schriftsteller in spe übt und beharrt, wie sein Beitrag zu den Fragments 3973, erschienen 2013 bei Hydre Éditions, unter Beweis stellt. Nach der Veröffentlichung von Retrouvailles im Jahr 2015 beim selben Verlag überschlagen sich die Ereignisse. Da er trotz des sagenhaften Erfolgs seiner ersten Publikation nicht von den Früchten seiner Feder leben kann (allein im Jahr 2022 hat der Verlag ganze zwei Exemplare verkauft), geht Jeff Schinker in den Journalismus und wird Leiter der Kulturseiten des Tageblatt. Nach diversen Veröffentlichungen in französischen und englischsprachigen Anthologien meldete er sich mit Sabotage zurück, einem größenwahnsinnigen Projekt, das in vier Sprachen geschrieben und zum kommerziellen Scheitern verurteilt ist. Das Werk schafft es dennoch auf die Shortlists des Prix Servais, des Lëtzebuerger Buchpräis sowie des Literaturpreis der Europäischen Union. Neben diesen beiden Beschäftigungen veranstaltet er Leseabende, die seinen Bücher ähneln (sprich: ein wenig verrückt). Nachdem er seinem Verleger das Manuskript von Ma Vie sous les tentes übergeben hat, das erneut die Shortlist für den Prix Servais erreicht, verschwindet er in der Wildnis – desillusioniert von der Welt im Allgemeinen und dem literarischen Mikrokosmos im Besonderen. Einem hartnäckigen Gerücht zufolge soll er an einem vierten Roman arbeiten. Noch ist nicht viel dazu bekannt – fest steht nur, dass die in ihm enthaltenen Sätze wieder viel zu lang sein werden.

 

Die Residenz am LCB wird durch eine Zuwendung der Lëtzebuerger Bicherfrënn – Les Amis du Livre a.s.b.l. ermöglicht, die ihre Unterstützung für das literarische Schaffen betonen. Ein Teil des Erlöses aus dem Verkauf gebrauchter Bücher durch die Freiwilligen der Lëtzebuerger Bicherfrënn kommt der luxemburgischen Literaturproduktion zugute.

Im Rahmen dieses Stipendium verpflichtet sich der Autor zudem zur Verfassung eines »Bourglënster Ried«, das in Heftform und limitierter Auflage veröffentlicht wird. Das Centre national de littérature unterstützt dessen Umsetzung und beteiligt sich außerdem als Mitherausgeber.