Im Jahr 2023 setzt Kultur | lx seine Reihe der „Carte blanche“ fort und gibt Künstlern die Möglichkeit, die Werte und die visuelle Identität von Kultur | lx neu zu interpretieren. Nach einem Jahr, in dem die Illustration unsere Homepage mit Werken von Dirk Kesseler, Irina Moons und Keong-A Song dominierte, initiiert Kultur | lx einen Zyklus rund um das Thema Video, der mit einem Werk der luxemburgischen Künstlerin und Regisseurin Suzan Noesen beginnt.

Ich wollte ein Video mit einer gestischen Metapher für die Aktivitäten rund um Kultur und Kunst machen – ob es um die Herstellung, die Vermittlung, die Bewahrung oder den Konsum geht, es geht immer um den Versuch, eine Essenz zu erfassen, die in einer Form enthalten, aber nie wirklich greifbar ist. Die Existenz, der Wert und das Vergnügen von Kunst und Kultur – die Ästhetik – könnte also vor allem darin bestehen, die Praktiken, die Versuche, das unvollkommene Tasten nach etwas, das hinter den Sinnen liegt, aufrechtzuerhalten. Der Titel ist ein Auszug aus dem Dialog meiner jüngsten Arbeit OBSOLETE TERRAIN über einen Apfelbaum mit seiner großen Symbolik des Bewusstseins, der Genese – dem Beginn der sesshaften Kultur – oder der Selbstzerstörung des Baumes durch seine gezüchtete Hyperproduktivität„, erläutert die Künstlerin.

Entdecken Sie das Werk auf der Startseite unserer Website und auf unseren Social-Media-Seiten. (Facebook, LinkedIn, Twitter, Instagram)

Kultur | lx, in Zusammenarbeit mit dem Kulturministerium und dem Mudam Luxembourg, veröffentlicht eine Ausschreibung für die nationale Beteiligung Luxemburgs an der Biennale von Venedig – 60. internationale Ausstellung für zeitgenössische Kunst.

Die 60. Ausgabe wird vom 20. April bis zum 24. November 2024 stattfinden. Der im Dezember 2022 von der Fondazione La Biennale di Venezia ernannte brasilianische Kurator und derzeitige künstlerische Direktor des Museu de Arte de São Paulo Assis Chateaubriand – MASP, Adriano Pedrosa, wird das Generalkommissariat für die Biennale 2024 übernehmen. Das Thema der Gesamtausstellung ist noch nicht bekannt.

Durch die Unterstützung der regelmäßigen Teilnahme Luxemburgs an der Biennale von Venedig gewährleistet das Kulturministerium die Präsenz luxemburgischer Künstler bei einer der wichtigsten Veranstaltungen für zeitgenössische Kunst und trägt so zur internationalen Verbreitung der Kunstszene des Landes bei.

Künstler, die sich bewerben, müssen die luxemburgische Staatsangehörigkeit besitzen oder in Luxemburg leben. Wenn es sich um ein Künstlerkollektiv handelt, muss mindestens ein Mitglied dieses Kriterium erfüllen. Außerdem müssen sie aufgrund ihres Werdegangs eine berufliche Tätigkeit als bildende Künstlerin oder bildender Künstler nachweisen können. Künstlerkollektive oder Künstler mit einer multidisziplinären Ausrichtung sind ebenfalls eingeladen, sich zu bewerben.

Der gesamte Auswahlprozess wird von einer einzigen Jury begleitet. Sie wird mehrere nationale und internationale Experten zusammenbringen:

Die Auswahl der Bewerber erfolgt in zwei Phasen:

1. Vorauswahl der Bewerber
Frist: 26.02.2023
Benachrichtigung der in die engere Wahl gezogenen Bewerber: in der Woche vom 06.03.2023.

2. Projektauswahl
Frist: 23.04.2023
Die Bekanntgabe des Gewinnerprojekts findet in der Woche vom 01.05.2023 statt.

Mehr Informationen HIER.

Im Zuge der Ausschreibung für die Recherche- – und Arbeitsresidenz für bildende Künstler:innen am Künstlerhaus Bethanien in Berlin im Jahr 2023 wurden fünf Projekte eingereicht. Bei ihren Zusammenkünften am 28. November in Luxemburg sowie am 30. November in Berlin hob die Jury die Qualität der unterbreiteten Unterlagen und Projekte hervor. In der ersten Runde setzte sich die diesjährige Jury aus Clément Minghetti (Mudam – Luxemburg), Claudine Hemmer (Kulturministerium) und Lisa Kohl (Empfängerin 2022) zusammen, während die Jurymitglieder der zweiten Runde vom Künstlerhaus Bethanien ausgewählt wurden.

Die Jury hat entschieden, die Residenz an den Künstler Yann Annicchiarico und sein Forschungsprojekt „Mitdenken – Von Berberaffen und Kletten im Atelier“ zu vergeben.


Erläuterung der Jury
Die Jury war insbesondere von der vom Künstler aufgebrachten Energie angetan, die es ihm erlaubt, seine Arbeit mit persönlichen Recherchen zu bereichern. Die Komplexität der von ihm gewählten Thematik, mit der er die radikale Andersartigkeit über kognitive Schwellen hinweg erforscht, wurde durch das eingereichte Projekt weiter vertieft. Es folgt dem dünnen Faden, der Mensch und Tier, Natur und Kultur auf künstliche Weise voneinander trennt. Mithilfe des Sinnlichen öffnet er einen Weg zur Wahrnehmung von Phänomenen, die für das kartesische Denken unzugänglich sind, und lässt dabei intime und persönliche Geografien und Themen einfließen. Besonders möchte die Jury des Künstlerhauses Bethanien in diesem Zusammenhang die folgenden Punkte hervorheben:

Wir sind der Ansicht, dass der Künstler einen äußerst vielfältigen ästhetischen Ansatz zwischen Kunst/Forschung und Magie repräsentiert. Indem er sich mit der Beziehung zwischen dem Menschlichen und dem Nichtmenschlichen befasst, konfrontiert er aktuellste Problematiken. Sein Werk erscheint uns entsprechend zeitgenössisch – im besten Sinne des Wortes. 


Das Projekt (Auszug aus den Bewerbungsunterlagen)
„Meine Arbeit zielt darauf ab, die Lebensweise anderer Lebewesen in das menschliche Bewusstsein einfließen zu lassen und die künstliche Trennung zwischen Natur und Kultur aufzuheben. Vor diesem Hintergrund verfolge ich mit großem Interesse die Denkrichtungen der nichtmenschlichen Anthropologie des letzten Jahrzehnts. Der in meinem Portfolio vorgestellte Werkkorpus begann mit einer zufälligen Begegnung, bei der ein Nachtfalter in eine meiner Skulpturen geriet und darin seine Spuren hinterließ. Als fliegende und nachtaktive Wesen unterscheidet sich die biologische Natur der Nachtfalter radikal von unserer Art zu existieren und die Welt wahrzunehmen. Mein kleines menschliches Universum wurde durch eine zufällige Begegnung mit einem Insekt bereichert. Ein weiterer wichtiger Teil meiner Arbeit befasst sich mit der Art und Weise, durch die die moderne städtische Architektur unser menschliches Denken strukturiert und mit der Frage, inwiefern sie für diese künstliche Teilung zwischen Natur und Welt, zwischen Natur und Kultur verantwortlich ist.“


Über Yann Annicchiarico
Yann Annicchiarico (Jahrgang 1983, Luxemburg) hat bereits Einzelausstellungen im KIT – Kunst im Tunnel in Düsseldorf (2020), bei Nosbaum Reding Projects in Luxemburg (2019) und im Centre des Arts Pluriels in Ettelbrück (2018) sowie Gruppenausstellungen im MUDAM – Musée d’Art Moderne Grand-Duc Jean in Luxemburg (2021) und im Museo Archeologico del Chianti Senese in Italien (2019) präsentiert. Seit 2011 ist er als künstlerischer Forscher in der Gruppe ACTH – Art Contemporain et Temps de l’Histoire aktiv, in Partnerschaft mit der École des Beaux-Arts de Lyon. Er hat Künstlerresidenzen in der Darling Foundry in Montreal (2019) sowie in der Villa Medici, Académie de France in Rom (2015) absolviert. Im Jahr 2020 erhielt Yann Annicchiarico das Francis-André-Stipendium für seine erste monografische Ausstellung in einer öffentlichen Institution, die im KIT – Kunst im Tunnel in Düsseldorf gezeigt wurde. 2019 wurde seine Arbeit für das Programm New Positions auf der Art Cologne ausgewählt. Für sein Buch „De Papillons de nuit et de l’échelle de Muybridge“ (Von Nachtfaltern und der Muybridge-Skala) erhielt er im Jahr 2022 das Stipendium für Künstlerpublikation und -dokumentation von Kultur | lx. Er lebt und arbeitet in Luxemburg.

Im Zuge der Ausschreibung für die Recherche- und Kreativresidenz an der Pariser Cité internationale des Arts im Jahr 2023 wurden 11 Projekte eingereicht. Bei ihrer Zusammenkunft am 29. November hob die Jury die Vielfalt, das Engagement sowie die Qualität der eingereichten Arbeiten hervor. Die diesjährige Jury setzte sich aus Souraya Kessaria (Cité internationale des Arts, Paris), Marlène Kreins (Centres d’art de la Ville, Düdelingen), Letizia Romanini (Preisträgerin 2022) Nathalie Ronvaux (Kulturfabrik, Esch an der Alzette) sowie Francisco Sassetti (Philharmonie Luxembourg) zusammen.

Die Jury entschied einstimmig, die Residenz an den Künstler Julien Hübsch und sein Projekt „walls/origins/replacements“ zu vergeben.

Erläuterung der Jury
Der Künstler konnte die Jury insbesondere durch die Reife seiner Ausführungen, die Relevanz seiner Überlegungen und seinen im öffentlichen Pariser Raum und dessen Wandel verankerten Forschungsansatz überzeugen.
Des Weiteren hebt die Jury die Entwicklung in der künstlerischen Karriere von Julien Hübsch hervor und ist überzeugt, dass die Residenz zu einem entscheidenden Punkt in seinem beruflichen Werdegang erfolgt: Im internationalen Kontext der Cité des Arts und im weiteren Sinne auch in der französischen Hauptstadt kann Hübsch seine Praxis und Forschung weiterführen.

Das Projekt (Auszug aus den Bewerbungsunterlagen)
„Ein Großteil meines künstlerischen Schaffens konzentriert sich auf den Vandalismus und die Art und Weise, wie im öffentlichen Raum damit umgegangen wird. Meine Arbeit ist eng mit der Geschichte des Graffiti verbunden: sowohl in Bezug auf die Technik und Verwendung der Sprühfarbe als auch hinsichtlich der Bedeutung des öffentlichen Raums als kreativer Spielplatz.
Während meines Aufenthalts in der Cité Internationale des Arts in Paris möchte ich die historischen Orte erforschen, die weltweit die immense Verbreitung von Streetart und Style Writing begründeten und bereits in den späten 1960er-Jahren als zentraler Knotenpunkt für den Austausch zwischen Graffitikünstlern galten.
Meine Arbeit würde immens von einem Aufenthalt außerhalb meines Produktionsstudios in Deutschland profitieren, insbesondere durch die Recherche vor Ort – an einem der wichtigsten Schauplätze der von mir gewählten Thematik.“

Über Julien Hübsch
Der in Luxemburg und Mainz ansässige Julien Hübsch (Jahrgang 1995, geboren in Esch an der Alzette) hat an der Kunsthochschule Mainz, der Bauhaus-Universität Weimar sowie der HGB Leipzig studiert. Er war unter anderem Schüler von Anne Speier, Franziska Reinbothe, Prof. Shannon Bool, Prof. Thomas Schmidt, Heike Aumüller und Prof. Sven Kroner.
Julien Hübschs Praxis verankert sich in den Konzepten des Vandalismus sowie der Wahrnehmung des städtischen Raums und erschafft Umgebungen, die zwischen Malerei, Skulptur in situ und Rauminstallation oszillieren.

Seine Arbeit war bereits Gegenstand mehrerer monografischer und Gruppenausstellungen in Deutschland und Luxemburg. Er kam in die engere Auswahl für den „Edward Steichen Award“ (2022) sowie den Robert-Schuman-Preis (2021).

Im Rahmen der Luxembourg Art Week organisierte Kultur | lx – Arts Council Luxembourg vom 9. bis 11. November einen Schwerpunkt auf die Kunstszene in Luxemburg, der sich an Fachleute für zeitgenössische Kunst richtete.

Drei Tage lang besuchten rund 20 Fachleute aus fünf Ländern Kunstzentren, Museen und Künstlerateliers.

Für den dritten Schwerpunkt auf Bildende Kunst bot Kultur | lx ausländischen Fachleuten Atelierbesuche an, die von Marianne Derrien, einer unabhängigen Kuratorin, Kunstkritikerin, Lehrerin und Vizepräsidentin von c|e|a, dem französischen Verband der Ausstellungsmacher in Frankreich, geleitet wurden.

Fünf Künstlerinnen öffneten die Türen ihrer Ateliers, um die Besucher in ihre einzigartigen Welten zu führen: Aline Bouvy, Hisae Ikenaga, Vera Kox, Letizia Romanini und Aïda Schweitzer. Im Rahmen dieser intimen und tiefgründigen Gespräche konnten sich die einen mit einem anderen Blick auf ihre Arbeit und anderen Erwartungshorizonten auseinandersetzen.

Als Ergänzung zur Auswahl von Marianne Derrien lässt Kultur | lx die Fachleute an der Geselligkeit und Dynamik der luxemburgischen Kulturszene teilhaben, indem es die Initiativen von Künstlern und Kulturinstitutionen in Luxemburg mit ihnen teilt.

So konnten die Fachleute bei einem privilegierten Besuch die Ausstellungen von Tacita Dean und Waters‘ Witness von Tarek Atoui im Mudam, Anachronisms von Deimantas Narkevičius und New Minett kuratiert von Sandy Flinto, Pierrick Grobéty und Daniel Marinangeli in der Konschthal Esch sowie Jours de lenteurs von Adrien Vescovi im Casino Luxembourg – Forum d’Art Contemporain kennenlernen.

Der luxemburgische Künstler Eric Mangen öffnete großzügig die Türen zu den Studios von Monique Becker und Yann Annicchiarico, dem Gewinner des Stipendium für die Veröffentlichung und Dokumentation von Künstler:innen, der in Begleitung von Clément Minighetti, Kurator am Mudam, seine Publikation Des papillons de nuit et de l’échelle de Muybridge vorstellte.

Schließlich organisierte Kultur | lx am Rande dieses kuratierten Programms am Freitag, den 11. November, eine Podiumsdiskussion über die berufliche Begleitung von Künstlern. Ausgehend von einer Keynote von Nathalie Filser über den Status des Künstlers heute, gefolgt von zwei Diskussionsrunden über die Bedeutung des kritischen Umfelds von Künstlern und die Entwicklung der Residenzprogramme, tauschten sich luxemburgische und internationale Fachleute und Künstler über diese Fragen aus.

Kultur | lx möchte durch die Einführung dieser Initiative die Zirkulation und den Austausch zwischen nationalen und ausländischen Bühnen anregen. Der nächste Schwerpunkt Bildende Kunst von Kultur | lx wird 2023 stattfinden. Das gesamte Team freut sich schon jetzt darauf und möchte den luxemburgischen Künstlern und Fachleuten danken, die diese Tage mit ihrem Engagement und ihrer Professionalität bereichert haben.

In Zusammenarbeit mit dem Kunstzentrum Fonderie Darling in Montreal ermöglicht Kultur | lx – Arts Council Luxembourg bildenden Künstler*innen eine dreimonatige Recherche- und Kreativresidenz in Kanada. Im ersten Jahr wird die Künstlerresidenz in der Fonderie Darling als Pilotprojekt im Rahmen des Austauschprogramms zwischen Montreal und Matapédia im Bahnhof von Matapédia auf der Gaspésie-Halbinsel um drei Wochen verlängert.

Im Zuge der Ausschreibung hat sich die aus Stéphane Meyers (Rotondes), Stilbé Schroeder (Casino Luxembourg – Forum d’art contemporain) und Suzan Noesen (Künstlerin und Preisträgerin der Residenz 2022) bestehende Jury entschieden, die Residenz an Justine Blau für ihr Projekt VOYAGE EN SOLASTALGIE zu vergeben.

 

Erläuterung der Jury
Justine Blau weist einen soliden und regional verankerten Werdegang vor, während sie sich gleichzeitig verschiedensten Einflüssen und Horizonten öffnet. In ihre Fotocollagen lässt die Künstlerin Reflexionen über die Landschaft sowie deren Transformation durch klimatische und menschliche Einflüsse einfließen. In den vergangenen Jahren hat Justine Blau dieser Thematik eine ethische und ontologische Dimension hinzugefügt und begonnen, die die Landschaft bezeichnenden Pflanzen und sie bewohnenden Wesen in ihren vielfältigen Interaktionen zu betrachten. Weiter haben sie diese Forschungen zur Geschichte der menschlichen Beziehungen mit seiner natürlichen Umwelt geführt, die von Beherrschung und Domestizierung sowie von Erzählungen und Glauben geprägt ist – und im starken Kontrast zu der von anderen Arten gepflegten gegenseitigen Abhängigkeit steht. In ihren jüngsten Recherchen sind es die Erinnerungen an vergangene Landschaften sowie die Konfrontation mit deren Entwicklungen und Veränderungen, die die Künstlerin zur Beschäftigung mit Bevölkerungsgruppen veranlassen, die durch die fortschreitende Domestikation und den Wandel ihrer Umwelt ein tiefes Trauma (Sostalgie) davontragen. Aus ihren konzeptuellen und quasi-wissenschaftlichen Recherchen entwickelt Justine Blau in Form von Videos, Installationen oder Wandteppichen plastisch überaus ausgereifte Werke.

Neben der eigentlichen Qualität der von Justine Blau präsentierten Arbeiten ist die Jury der Überzeugung, dass der Ansatz der Künstlerin sowie ihr Projekt, das sich mit der Art und Weise auseinandersetzt, wie die indigenen Gemeinschaften Kanadas die Idee von Natur und Landschaft verstehen und vermitteln, während eines Aufenthalts in Montreal zur vollen Entfaltung kommen können. Die Jury entschied sich zudem dafür, die Investition der Künstlerin in die luxemburgische Szene und die um sie herum geschaffenen Synergien zu würdigen. Ihr experimenteller Ansatz, die zahlreichen kollaborativen Aspekte ihres Schaffens sowie ihre Fähigkeit, neue Türen zu öffnen und Verbindungen zu knüpfen, sind weitere Bereicherungen, die diesen Kurzaufenthalt äußerst fruchtbar gestalten dürften.


Über Justine Blau
Justine Blau verfolgt in ihrer Arbeit einen multidisziplinären Ansatz, der Skulpturen, Installationen, Fotografien und Videos miteinander verbindet. In ihren Projekten behandelt sie ontologische Fragen rund um die Beziehung des Menschen zur Natur, zum Bild und zur lebenden Welt. In Luxemburg und Europa waren ihre Werke bereits Gegenstand zahlreicher Ausstellungen, darunter kürzlich VIDA INERTE in der Kunstgalerie Nei Liicht in Düdelingen (2020), mit der demnächst im K. Verlag in Berlin erscheinenden Publikation THE VEIL OF NATURE. Aktuell finalisiert sie außerdem ihren Film PHUSIS, der sich mit der Seifenblase als flüchtigem Moment beschäftigt und für den sie eine Carte Blanche von Filmfund erhalten hat. Im Jahr 2019 war sie in Künstlerresidenz in der Cité internationale des arts in Paris.

Die bildenden Künste in Luxemburg gestalten sich als äußerst dynamischer Sektor, dessen Einflüsse und Ästhetiken so vielfältig sind wie die Länder, in denen die hier ansässigen Künstler*innen ausgebildet wurden. Die praktizierten Disziplinen reichen von der Druckgrafik über die Fotografie, Zeichnungen, digitale Kreationen und Performance Art bis hin zur Bildhauerei. Mit einer großteils internationalen Ausrichtung sind die in Luxemburg tätigen Künstler*innen nahezu allesamt von ihrer Mehrsprachigkeit und ihren Kooperationen mit verschiedenen kreativen und weitreichenden Netzwerken inspiriert.

Kultur | lx – Arts Council Luxembourg ist Teil dieser bestehenden Dynamik und kooperiert mit internationalen Fachvertretern, um auf das luxemburgische Kunstschaffen aufmerksam zu machen und neue Kooperationen und Zirkulationen in die Wege zu leiten.

Anlässlich der Luxembourg Art Week (11.11.-13.11.) organisiert Kultur | lx zwei Fachtage für luxemburgischen Fachvertreter der bildenden Künste. In diesem Rahmen soll der Austausch gefördert und der luxemburgischen Kunstszene sowie ihren Künstler*innen und verschiedenen Akteuren eine Bühne geboten werden.

Internationalen Fachvertretern bietet Kultur | lx zu diesem dritten Schwerpunkt der bildenden Künste verschiedene Atelierbesuche an, die von Marianne Derrien, einer unabhängigen Kuratorin, Kunstkritikerin, Lehrerin und Vizepräsidentin des c|e|a, dem französischen Verband der Kuratoren in Frankreich, kuratiert werden. Nachdem sie als Projektmanagerin für die Ausstellungen der Académie de France in Rom – Villa Médicis tätig war, wirkt sie heute als Ausstellungskuratorin. Marianne Derrien arbeitet mit unabhängigen Institutionen und Stätten in Frankreich und im Ausland zusammen und ist Gastkuratorin bei Mrac Okzitanien-Sérignan, Mudam – Luxemburg, The Pill – Istanbul sowie dem Wooyang Museum – Südkorea. Regelmäßig veröffentlicht sie Texte von aufstrebenden und etablierten Künstler*innen. Seit 2020 verfolgt sie im Rahmen einer Residenz im Wonder, einem Künstlerraum im Großraum Paris, eine Recherche zu magischen, okkulten und alchemistischen Praktiken in der zeitgenössischen Kunst.

Neben der Auswahl von Marianne Derrien wird Kultur | lx die Besucher*innen an der Gastfreundschaft und Dynamik der luxemburgischen Kulturszene teilhaben lassen, indem es ihnen verschiedene Initiativen von Künstler*innen und Kulturinstitutionen in Luxemburg vorstellt.

Schließlich organisiert Kultur | lx am Rande dieses kuratierten Programms am Freitag, dem 11. November, von 15 bis 17 Uhr auf dem Gelände der Luxembourg Art Week eine Podiumsdiskussion über die professionelle Begleitung von Künstler*innen.

Wie gestaltet sich die ideale Begleitung von Künstler*innen und Kreativen im Verlauf ihrer gesamten Karriere? Welche Herausforderungen, Stärken und Hindernisse begrenzen die Karriereentwicklung in Luxemburg und auf internationaler Ebene? Sind die bestehenden Einrichtungen und politischen Maßnahmen optimal auf die Bedürfnisse der Künstler*innen ausgerichtet? Der Keynote „Ouvrir les portes et les fenêtres: être artiste (aujourd’hui)“ von Nathalie Filser folgen zwei Diskussionsrunden, mit denen Kultur | lx luxemburgische und internationale Fachvertreter und Künstler*innen dazu einlädt, sich über diese Fragen auszutauschen.

Das Künstlerhaus Bethanien öffnet seine Türen vom 30. September bis zum 23. Oktober für eine Gemeinschaftsausstellung (Vernissage am 29. September, 19:00 Uhr), in der die Arbeiten von fünf seiner Residenten vorgestellt werden: François Lemieux (Kanada/Québec), Lisa Kohl (Luxemburg), Nicole Rafiki (Norwegen) , Yun-Pei Hsiung (Taiwan) und Thomas Schmahl (Frankreich).

Fokus auf die Arbeit von Lisa Kohl, Preisträgerin 2022 der Ausschreibung von Kultur | lx, in Residenz seit dem 01. Juli bis zum 31. Dezember.

Das Werk von Lisa Kohl (*1988 in Luxemburg) lässt sich als ein Konglomerat aus digitalen Medien, Installationen, Feldforschung, Dokumentation, Inszenierung und Erzählung begreifen. Die Themen ihrer künstlerischen Bergungsarbeit kreisen um das Ephemere, das Abwesende und das Imaginäre. Ästhetische Phänomene der Absenz, Migration und der individuellen Verortung spielen dabei eine zentrale Rolle. In diesem Spannungsfeld zwischen materieller Präsenz und tatsächlichen Ereignissen einerseits und dem Bereich des potenziell Möglichen, des Fiktiven und Unsichtbaren andererseits, eröffnen sich Lisa Kohl als Künstlerin nahezu unendliche Möglichkeiten, beide Instanzen zur Simulation zu verschmelzen.

Das Video THE GAME (Bihać | Bosnischkroatische Grenze | 2022) erzählt vom Leben und Überleben von Menschen mit Migrationserfahrungen und bedient sich ästhetischer Mechanismen des Gamings. Auf einem Smartphone werden Fluchtwege aus der Sicht eines jungen Afghanen dargestellt. Das Gerät wirkt hierbei wie eine Konsole und erinnert an ein virtuelles Spiel. Auf sensible Weise berichtet der Protagonist im Voiceover über unterschiedliche Formen der Flucht sowie Pushbacks, die er persönlich erfahren hat. Eine subtile Stimmung der Bedrohlichkeit und Spannung begleitet dabei seine Erzählung.

Die Fotoserie BLINDSPOT (Bihać | Bosnischkroatische Grenze | Calais | Frankreich | 2022) verkörpert auf metaphorischer Ebene die Anwesenheit der Abwesenden und das Sichtbare der Unsichtbaren. Die dargestellten Elemente, wie das Obdach, der Mihrab-Teppich und der körperliche Abdruck, verweisen symbolisch auf die Zuflucht und die Aneignung anonymer Lebens- und Gebetsräume. Die sakrale Stimmung bezieht sich hier auf den Glauben und die Hoffnung in Bezug auf Identität und Fremdheit, Intimität und Heimat(losigkeit).

Die Serie HALIDOM (Kanarische Inseln | Spanien-Nordafrika | 2022) stellt das Heiligtum auf ikonografischer Ebene dar – als bildliche Metapher für Leben und Tod, An- und Abwesenheit, Begrenzung und Weite, Höhe und Abgrund. Skulpturale Figuren an kargen Un-Orten und in Grenzzonen werden symbolisch zu Monumenten und Stellvertretern der Ungesehenen. Der Schleier gilt als Synonym für Verhüllung, Schutz und Tarnung. Das Relief und der Faltenwurf des Tuches wecken Erinnerungen an das Göttliche, das Heroische und an Unantastbarkeit. Die Serie konfrontiert uns mit Räumen des Übergangs – Sinnbild für die Sehnsucht nach Freiheit und Erlösung.

Die während Kohls Aufenthalt im Künstlerhaus Bethanien entstandene Videoinstallation ACROSS (2022) konfrontiert uns mit einer brutalistischen Fensterarchitektur und dem Ausblick in die Weiten des Himmels, gesäumt mit sich auflösenden Wolken-Clustern. Beton und Luft, unterschiedlicher könnten diese Materialien nicht sein und trotzdem ergeben sie ein harmonisches Ganzes, das zahlreiche Bilder in uns hervorruft. Von mittelalterlichen Verkündigungsszenen über Fensterdarstellungen in der deutschen Romantik bis hin zu Szenen aus der Filmgeschichte – all diese Bilder verbindet eines: Das Fenster als Schwellenort zwischen dem Dies- und dem Jenseits (in mannigfaltiger Art), der beides nicht nur voneinander separiert, sondern an dem das Getrennte auch miteinander in Verbindung tritt. Die Arbeit enstand in Zusammenarbeit mit dem Sounddesigner Sören Schenk.

AUSSTELLUNGSRÄUME
Kottbusser Straße 10
10999 Berlin

EINTRITT FREI
Di – So: 14 – 19 Uhr

 

 

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Kultur | lx setzt seine Reihe von Exkursionen zu den großen internationalen Veranstaltungen für zeitgenössische Kunst fort und organisierte vom 12. bis 14. September eine Exkursion nach Lyon anlässlich der „Professional Days“ der 16. Biennale für zeitgenössische Kunst. Dabei wurde auch das Buch von Yann Annicchiarico vorgestellt, der im vergangenen Frühjahr das Stipendium für die Veröffentlichung und Dokumentation von Künstler:innen von Kultur | lx erhalten hatte.

Die wegen der Pandemie verschobene Kunstbiennale von Lyon (14.09.-31.12.2022) reiht sich in die Bewegungen ein, die die Welt nach der Pandemie in Frage stellen und die großen zeitgenössischen Kunstereignisse dieses Jahres geprägt haben. Der Titel der Ausstellung, „Manifest der Fragilität“, kuratiert von Till Fellrath und Sam Bardaouil, beide Co-Direktoren des Berliner Museums für Gegenwartskunst – Hamburger Bahnhof, „bekräftigt die Fragilität als untrennbar mit einer Form des Widerstands verbunden, die in der Vergangenheit initiiert wurde, mit der Gegenwart in Verbindung steht und fähig ist, sich der Zukunft zu stellen“. An 12 Orten in der Stadt Lyon, von den ehemaligen Fagor-Fabriken bis zum macLyon, über das Gadagne-Museum und den Bahnhof Lyon Part Dieu, lädt die Biennale dazu ein, „Zerbrechlichkeit als eine der am weitesten verbreiteten Wahrheiten in unserer geteilten Welt“ zu akzeptieren und über diese Verletzlichkeit im Lichte der ausgestellten Werke und Objekte nachzudenken, die im Laufe von zwei Jahrtausenden entstanden sind.

Die Biennale von Lyon, die wichtigste Veranstaltung für zeitgenössische Kunst in Frankreich außerhalb von Paris, war an ihren Eröffnungstagen wieder einmal ausgesprochen facettenreich, und es kamen zahlreiche Besucher, um die Künstler zu treffen, von denen die meisten in den Ausstellungsräumen anwesend waren. Sieben luxemburgische Künstler (Bruno Baltzer, Sofia Bouratsis, Jessica Dasilva, Robert Frankle, Claudia Passeri, Letizia Romanini und Julie Wagener) haben sich auf die Ausschreibung von Kultur | lx hin beworben. Sie nahmen an einem Programm teil, das aus Ausstellungsbesuchen, Treffen mit Gleichgesinnten und gesellschaftlichen Veranstaltungen (Eröffnungen, Brunch für Fachleute) bestand.

Die Vorstellung des Buches De papillons de nuit et de l’échelle de Muybridge (Motten und die Muybridge-Skala) von Yann Annicchiarico, das soeben bei Presses du réel (Dijon, 2022) erschienen ist, war der Höhepunkt dieses Programms.  Es wurde im Dialog mit der Kuratorin Sofia Bouratsis bei einem Spaziergang am Saône-Ufer vorgestellt, der das Publikum bis zur ENSBA (École Nationale Supérieure des Beaux-Arts de Lyon) führte. Das Buch erhielt im vergangenen Mai das Stipendium für die Veröffentlichung und Dokumentation von Künstler:innen von Kultur | lx. De papillons de nuit et de l’échelle de Muybridge von Yann Annicchiarico ist die zweite Publikation in der von Bernhard Rüdiger herausgegebenen Sammlung des ENSBA-Forschungsbereichs Zeitgenössische Kunst und Zeit der Geschichte. Das Buch blickt zurück auf einen singulären Zustand der Wahrnehmung. Es handelt sich nicht um eine aktive und bewusste Wahrnehmung, sondern um einen besonderen Zustand der Sinne, wenn sie der Erfahrung der Leere ausgesetzt sind – eine Aussetzung der Aufmerksamkeit, die ein wesentliches Element von Yann Annicchiaricos Forschung ist.

Diese Veranstaltung bildet den Abschluss einer Reihe von großen Events zeitgenössischer Kunst, zu denen Kultur | lx die luxemburgische Kunstszene eingeladen hat. Durch diese Bewegungen und den Austausch zwischen den Veranstaltungen hat die Bildung dieser kleinen Gruppen von Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund den Künstlern ermöglicht, sich besser kennenzulernen und Ideen in einem Kontext auszutauschen, der zu tiefgreifenden Diskussionen führen kann. Im Dezember wird Kultur | lx einen Veranstaltungskalender für das Jahr 2023 veröffentlichen, der für Mobilitätsförderungen in Frage kommt.

Auf Einladung von Plan d’Est und Kultur | lx fand am 8. September in Belval in Anwesenheit von rund vierzig Organisationen und Institutionen der Großregion, die sich der bildenden Kunst widmen, das erste Treffen von Fachleuten der bildenden Kunst der Großregion statt. Ziel dieses Tages war es, die Vielfalt der Akteure im Bereich der bildenden Kunst in der Großregion besser zu verstehen und Wege der Zusammenarbeit anzuregen.

Plan d’Est, das Cluster für bildende Kunst in der Grand Est, ein Berufsverband, Kultur | lx und die Région Grand Est planten ein lockeres gesellschaftliches Ereignis, bei dem sich Fachleute aus dem Bereich der bildenden Kunst in einem informellen Rahmen austauschen und treffen konnten. Zahlreiche Organisationen waren aus Frankreich, insbesondere aus dem Elsass und Lothringen, aber auch aus Deutschland, aus Trier und Saarbrücken, sowie aus Landau angereist. Bei den Teilnehmern handelte es sich hauptsächlich um Kunstzentren und -vereine, aber auch Institutionen, die die bildende Kunst unterstützen, wie etwa die Région Grand Est und der Drac Lorraine.

Einige Organisationen hatten bereits konkrete Ideen für eine Zusammenarbeit, wie etwa die Biennale von Mulhouse, die eine grenzüberschreitende Residenz zum Thema Klima ausschreiben wollte und auf der Suche nach europäischen Partnern war, oder die Vereinigung Accélérateur de particules, die ihren Sitz in Straßburg hat, aber in der Region Grand Est tätig ist und die Öffnung von Künstlerateliers auf grenzüberschreitender Ebene organisieren möchte. Das Saarbrücker Künstlerhaus schlug den Teilnehmern vor, eine grenzüberschreitende Residenz zwischen den verschiedenen Gebieten einzurichten und erinnerte sie daran, dass der Andrea-Neumann-Kunstpreis ein grenzüberschreitender Kunstpreis ist.

Mehrere Kunsthochschulen der Großregion waren vertreten, insbesondere die ENSAD Nancy, die bereits Projekte mit dem Casino Luxemburg durchführt, und die Europäische Kunstakademie Trier. Die ENSAD begleitete die Gruppe beim Besuch der Ausstellung RESPIRE, die von der Kunsthochschule im Rahmen von Esch2022 kuratiert wurde, und bot ihnen so die Gelegenheit, ihre Lehr- und Forschungsbereiche vorzustellen und ihr Know-how zu präsentieren. Die Kunstakademie Trier hat sich an zahlreichen Projekten im Rahmen von Esch2022 beteiligt, darunter Bustouren zu Orten zeitgenössischer Kunst in der Großregion. Sie beteiligt sich auch am Europäischen Monat der Fotografie (EMOP).

Neben Esch2022, das die Veranstaltung ausrichtete und der Gruppe den Besuch der Ausstellungen in der Möllerei und im Massenoire ermöglichte, war Luxemburg durch drei Organisationen vertreten: das CNA und die Rotondes, die bereits über ein gutes grenzüberschreitendes Arsenal verfügen, sowie die Galerie Reuter Bausch, die neue Horizonte entdecken und die von ihr vertretenen Künstler vorstellen wollte.

Für Kultur | lx war dieser Tag ein erster Schritt in Richtung der benachbarten Regionen, die für luxemburgische Künstler die ersten Meilensteine auf dem Weg zu einer internationalen Karriere darstellen. Die dort herrschende künstlerische Dynamik und die zahlreichen Orte, die der zeitgenössischen Kunst gewidmet sind, sowie nicht zuletzt die begleitende Medienlandschaft sind unbestreitbare Vorteile vor unserer Haustür. Kultur | lx wird diese regionalen Bewegungen im Rahmen seiner Aufgaben, die Karriereentwicklung und die Verbreitung von Kunstwerken zu unterstützen, begleiten.