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Jazzmusik
LJM 2018_Klein ©von Botcazou
Jazzmusik

Jazzmusik

Jazz in Luxemburg – ein historischer Abriss

Jazz in den Medien

Anders als bei unseren europäischen Nachbarn erlangte der Jazz in Luxemburg erst nach dem Zweiten Weltkrieg größere Popularität, als die ersten internationalen Künstler zu Konzerten und anderen Events ins Großherzogtum eingeladen wurden.

Im Radio wurden u. a. Standards (Populärmusik der damaligen Zeit), Klassik und Variété-Musik gespielt. Erst sehr viel später machte sich John Thillens, der Gründer des Jazzclubs Wiltz, zusammen mit Johnny Spautz daran, ein spezielles Jazzprogramm für RTL zu entwickeln, das aber wegen zu niedriger Einschaltquoten schnell wieder eingestellt wurde.

1993 wurde der öffentlich-rechtliche Sender Radio 100,7 gegründet, der mit Sendungen zu den aktuellen Trends der Luxemburger und internationalen Jazzszene diese Lücke schloss.

Jazz – die Pioniere

In den 1950er-Jahren und auch danach gab es zwar noch keine Luxemburger Jazzmusiker von internationalem Rang, aber betraten die ersten talentierten Amateure die Bühne. Erst ab den 1980er-Jahren traten die ersten luxemburgischen Jazzer auch außerhalb des Großherzogtums auf. Diese Musiker genossen zumeist eine klassische Musikausbildung und gingen anschließend ins Ausland, um dort an einer Musikhochschule ihre Kenntnisse im Jazzbereich zu vertiefen.

Gast Waltzing (Jazzmusiker, Komponist, Grammy-Award-Preisträger, Gründer des Largo-Quartetts und der Produktions- und Vertriebsfirma WP Productions etc.) oder auch Ernie Hammes (Trompeter und Jazzmusiker in den USA mit Maynard Ferguson und anderen renommierten Künstlern) zählten zu den ersten, die sich im Ausland einen Namen und den Jazz in Luxemburg bekannt machten.

Sasha Ley ©Boshua

Andere Musiker haben dazu beigetragen, Schwung in die Jazzszene zu bringen und die jüngere Generation zu inspirieren. Hierzu zählt z. B. der Saxophonist Jitz Jeitz (der in Luxemburg, Straßburg und Lüttich studierte und zusammen mit Ernie Hammes u. a. die Big Band namens Luxembourg Jazz Orchestra und das Festival JAIL (Jazz in Luxemburg) gründete); Romain Heck (der E-Bass am Luxemburger Konservatorium lehrte usw..); Sascha Ley (Sängerin und Schauspielerin); Hervé Jeanne (Bassist, u. a. von Roger Cicero, derzeit tätig in Hannover); Marc Mangen (Pianist und Dozent); Michel Piltz (Bassklarinettist, Mitglied in internationalen Ensembles) u. v. a. m.

Gast Waltzing war der Erste, der am Konservatorium der Stadt Luxemburg eine Jazzklasse ins Leben rief (1985). Die anderen Konservatorien und einige Musikschulen folgten später diesem Vorbild und bieten selbst mit Erfolg eine spezielle Jazzausbildung an. Die Musiklehrer dieser Jazzklassen und auch andere Musiker haben seitdem so manches junge Talent herangebildet.

Spätere Generationen

Zur ersten Generation der Luxemburger Jazzer von internationalem Rang zählen heute unter anderem: Greg Lamy (1974) Gitarrist und Komponist; David Laborier (1976), Gitarrist und Komponist (Mitglied von Largo, Initiator der Jamsessions im Café Liquid, Orchestre National de Jazz, Lehrer am Konservatorium der Stadt Luxemburg); Marc Demuth (1978), Bassist (Mitbegründer des Trios Reis/Demuth/ Wiltgen, Lehrer an der Musikschule der Stadt Echternach); Pascal Schumacher (1979), Vibraphonist und Komponist (Lehrer am Konservatorium der Stadt Luxemburg).

Aus Luxemburg kommt auch eine Generation von Luxemburger Bandleadern, die sich national und international einen Namen gemacht haben: Jeff Herr (1980, Drummer), Michel Reis (1982, Pianist), Benoit Martiny (1980, Drummer und Perkussionist), Maxime Bender (1982, Saxophonist und Direktor des Trifolion in Echternach), Paul Fox (1983, Drummer) usw..

Die Luxemburger Jazzszene zeichnet sich besonders durch ihre sehr engen Verbindungen ins Ausland aus. Zum einen spielen die meisten Musiker mit ausländischen Freunden zusammen (die sie zumeist während ihres Studiums oder bei Konzerten im Ausland kennengelernt haben). Zum anderen kann man in Luxemburg keine Hochschulausbildung absolvieren, sodass Musikstudierende im Allgemeinen keine andere Wahl haben, als ins Ausland zu gehen, um ihre musikalischen Fertigkeiten weiterzuentwickeln und einen Hochschulabschluss zu erlangen. Die meisten Jazzer haben in Amsterdam, Brüssel, Köln, Saarbrücken, Den Haag, Berlin, Hannover studiert, einige sogar in Boston oder New York.
Im Jahr 2015 wurden 132 Jazzmusiker und -studierende mit einem Durchschnittsalter von 39 Jahren erfasst. 68 % hatten bis dahin im Ausland studiert. 25 Musiker waren zu dieser Zeit ins Ausland gegangen.
Erwähnenswert ist auch, dass sich in Luxemburg renommierte Jazzmusiker niedergelassen haben, die nicht von hier kommen, so z. B. der Gitarrist Lionel Loueke.

Eine fast einzigartige Besonderheit in Luxemburg ist, dass die meisten Luxemburger Jazzmusiker auch an einem der drei Konservatorien oder an einer regionalen Musikschule unterrichten. Hierzu ist zu sagen, dass Musiker von ihrer Kunst allein nicht leben können, sondern auch einer anderen Beschäftigung nachgehen müssen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können, die meisten von ihnen als Musik- bzw. Instrumentallehrer.

TRIO REIS DEMUTH WILTGEN ©Alfonso Salgueiro

Junge Jazzer und aufstrebende Talente

Die zweite Generation renommierter Talente des Luxemburger Jazz hat ihre Ausbildung an den verschiedenen Konservatorien des Großherzogtums sowie im Ausland absolviert und sich außerhalb unseres Landes einen Namen gemacht. Hierzu zählen unter anderem: Pol Belardi (1989, Bassist und Perkussionist, Lehrer an der Musikschule von Differdingen), Pit Dahm (1990, Drummer und Lehrer), Arthur Possing (Pianist), Claire Parsons (1993, Gesang), Jérôme Klein (Pianist).

Alle diese Musiker haben ihre eigenen Formationen gegründet, spielen aber auch in anderen Konstellationen und gerne auch mal mit ausländischen Kollegen zusammen. Einige Formationen sind besonders erwähnenswert, insbesondere die, die unlängst prämiert wurden: Reis / Demuth / Wiltgen Trio („Export Artist of the Year“ music:LX 2013 und 2018); Trio Dock in Absolute („Export Artist of the Year“ music:LX 2019); Marly Marques Quintet (Jurypreis des Festivals Crest Jazz Vocal in Frankreich); Arthur Possing Quartet ; Greg Lamy 4tet („Export Artist of the Year“ music:LX 2016); Pol Belardi’s Force ; Orchestre National de Jazz ; Organic Trio ; Michel Reis Quartet („Export Artist of the Year“ music:LX 2014); Sacha Ley & Laurent Payfert ; Télé-Port ; Jeff Herr Corporation („Export Artist of the Year“ music:LX 2015); Pascal Schumacher (Echo Jazz 2012, JTI Trier Jazz Awardusw...)

Der Nachwuchs lässt nicht auf sich warten, und die Luxemburger Jazzszene kann sich bereits über neue vielversprechende Talente freuen: Michel Meis (Drummer) 4tet, Gilles Grethen (Gitarrist) 4tet, David Ascani (Saxophonist) 4tet, Mathieu Clement (Drummer) 4tetusw...

Wo kann man in Luxemburg Jazz live hören?

Die Säle: Als es die großen regionalen und kommunalen Kultureinrichtungen in Luxemburg noch nicht gab, fanden die Jazzkonzerte an verschiedenen Veranstaltungsorten statt, häufig auf Initiative von Jazzliebhabern und -musikern: JAIL (in NeimënsterJazz in Luxemburg mit dem Festival Autumn Leaves), Liquid Bar in Luxemburg-Stadt, Inouïe (Redingen an der Attert)usw..
Zwischenzeitlich haben größere Locations übernommen. Dennoch gibt es nach wie vor zu wenige Jazzclubs. Mittlerweile stehen Jazzkonzerte nationaler und internationaler Künstler regelmäßig auf dem Programm verschiedener Veranstaltungsorte: Philharmonie Luxembourg; das Regionale Kulturzentrum Düdelingen (CCRD) Opderschmelz,(das auch Künstlerresidenzen anbietet); CAPE, Ettelbrück; Neimënster, Luxemburg (das ebenfalls Künstlerresidenzen anbietet); Cube 521, Marnich; Trifolion, Echternach ; Kulturhaus Niederanven.
Andere Initiativen wie Bluebird Music Asbl bieten Plattformen für Blues- und Jazzveranstaltungen. Auch diverse Clubs und Cafés in Luxemburg-Stadt veranstalten weiterhin Jazzevents.

Die Festivals: Zu den wichtigsten zählen: Like a Jazz Machine das im Mai stattfindet und von opderschmelz in Düdelingen organisiert wird, aber auch das kürzlich in Shuffle umgetaufte Luxembourg Jazz Meeting, das alle zwei Jahre im November zusammen mit Kultur | lx im Centre Culturel de Rencontre Abbaye deNeumünster veranstaltet wird.
Erwähnenswert ist in jedem Fall auch das Blues'n Jazz Rallye (Juli) und das Festival Echter'Jazz.

Förderung des Luxemburger Jazz im Ausland

Vor über zehn Jahren wurde der Verein music:LX eigens als Exportbüro gegründet, um Luxemburger Künstler bei der Suche nach Partnern für Konzerte im Ausland zu unterstützen. Dank des stetigen Engagements des Vereins und anderer Akteure der Luxemburger Jazzszene ist die Zahl der Auftritte der Luxemburger Künstler im Ausland enorm gestiegen. Hier einige Facts und Zahlen als Beispiele:
• Mehr als 30 Jazzer pro Jahr treten im Ausland auf
• Über 20 neue Alben bei einem ausländischen Label, vermittelt über music:LX
• Mehr als 100 eingeladene Profi-Jazzmusiker pro Jahr
• Zahl der Jazzkonzerte 2012: 279 / 2019: 446
• Mehr Teilnahmen an Messen und Festivals: 1 im Jahr 2010 gegenüber 15 im Jahr 2019
• Mitglied in mehreren Netzwerken: European Jazz Network (EJN), Association Jazzé Croisé (AJC), Criss Cross Europe u. v. m.

Mittlerweile wurde music:LX vollständig in die Vereinigung Kultur | lx integriert, die an der Seite anderer Akteure – in erster Linie des Ministeriums für Kultur – die gleichen Ziele verfolgen wird: die Entwicklung, Verbreitung und Förderung der Jazzszene.

Manuel Ribeiro, Musikredakteur radio 100,7
Mai 2021